Liebe Patienten,
in unserer letzten Ausgabe haben wir das Thema Stoffwechselkrankheiten behandelt. Ein zentraler Aspekt war der Nutzen präventiver Maßnahmen, unterstützt durch die Statistik, dass über 70 % (1) der Todesfälle durch Herzinfarkte und Schlaganfälle (2) – die führenden medizinischen Todesursachen – vermeidbar wären. Im Folgenden zeigen wir Ihnen, wie Sie Ihr Risiko signifikant reduzieren können, um auch jenseits der 90 gesund zu leben.
Deutschlands Todesursache No. 1 – erklärt
Ein Herzinfarkt und Schlaganfall entsteht in den meisten Fällen durch den akuten Verschluss eines Blutgefäßes. Wenn das Blut nicht mehr fließen kann, stirbt das Herz- oder Hirngewebe ab – ein Vorgang, der als Infarkt bezeichnet wird. Beim Schlaganfall spricht man daher auch von einem Hirninfarkt.
Beide Ereignisse verlaufen oftmals tödlich und sind die häufigste Todesursache der Welt. In Deutschland sind allein im Jahr 2023 rund 350.000 Menschen an einem Herz- oder Hirninfarkt verstorben (3). Der Prozess, der zum Infarkt führt, beginnt bereits in frühen Jahren und es dauert oft Jahrzehnte bis es zum Ereignis kommt. Je früher das Risiko gesenkt wird, desto höher ist die Chance, dass es niemals zum Infarkt kommt. Wie hoch das persönliche Risiko ist und wie man es minimiert, lässt sich durch eine Kombination mehrerer Untersuchungen ermitteln.
Weiterführende Erklärungen finden Sie in viel mehr Detail unter den folgenden Links: (a); (b); (c); (d).
Verstehen wo man steht – Basisdiagnostik
- HDL Cholesterol
- LDL Cholesterol
Um das persönliche Risiko zu bewerten, ist besonders das LDL-Cholesterin von Bedeutung. LDL ist ein Transportprotein im Blut, das eine zentrale Rolle bei der Bildung von Ablagerungen in den Arterienwänden spielt. Das LDL-Cholesterin lässt sich einfach über eine Blutuntersuchung bestimmen und ist im für Sie kostenlosen Check-up enthalten (4). Je höher der Wert, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit eines näher rückenden Herzinfarkts oder Schlaganfalls. HDL-Cholesterin wurde lange als „gutes“ Cholesterin bezeichnet. Heutzutage wird es jedoch eher als „neutrales“ Cholesterin eingestuft. Die veraltete Annahme, dass ein hohes HDL-Cholesterin ein hohes LDL-Cholesterin, oft als „schlechtes“ Cholesterin bekannt, ausgleichen kann, ist definitiv überholt. In der Diagnostik liefert uns das LDL-Cholesterin weitaus präzisere Informationen bezüglich der Risikoeinschätzung.
- ➕ Vorteil: Der LDL-Wert ist ein guter erster Schritt, um zu verstehen, ob der individuelle Lebensstil das Risiko für einen Schlaganfall und Herzinfarkt erhöht.
- ➖ Nachteil: Der LDL-Wert bietet nur begrenzte Informationen über das individuelle Risiko.
- ➖ Nachteil: Der LDL-Wert lässt keine Rückschlüsse zu, wie weit das Problem fortgeschritten ist.
Das Problem bei der Basis-Diagnostik: Bei Personen mit demselben LDL-Wert kann sich das Schlaganfallrisiko deutlich unterscheiden. Noch problematischer ist, dass selbst bei einem LDL-Wert im Normbereich aufgrund einer genetischen Veranlagung ein hohes Risiko bestehen kann. Um eine klare Einschätzung zu erhalten, wo man steht, ist eine fortgeschrittene Diagnostik empfehlenswert.
Verstehen wo man steht – Fortgeschrittene Diagnostik
- Lp(a)
- ApoB
- Sonographie der Gefäße
- Calcium Score CT
Lp(a) ist ein spezielles Lipoprotein, das im Blut gemessen werden kann. Der Wert gibt Auskunft über eine genetische Variante, die das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall, unabhängig von anderen Cholesterinwerten, um den Faktor drei erhöht (5). Dadurch können Personen mit gleichem LDL-Wert, jedoch unterschiedlichen Lp(a)-Werten, völlig unterschiedliche Risikoprofile aufweisen, die in einem Basis-Check-up nicht ersichtlich wären (6).
Weiterhin ist es ratsam, das ApoB anzuschauen. Dieses ist ein weiteres Transportprotein, welches die Anzahl der Teilchen im Blut, die sich ablagern können, beschreibt, wie auch das LDL (7). Der Vorteil: Dieser Blutmarker schließt die Fälle aus, wo das LDL im Normalbereich ist, ein stark erhöhtest ApoB aber das individuelle Risiko nach oben treibt.
Wie viel Diagnostik ist medizinisch sinnvoll?
Obwohl die kombinierte Messung von LDL und Lp(a) bereits wertvolle Informationen über das persönliche Risiko liefert, lassen sich damit bereits vorhandene Ablagerungen in den Blutgefäßen nicht ausschließen. Diese Ablagerungen bauen sich über Jahre hinweg auf. Zur optimalen Vorsorge ist daher eine Untersuchung und Überwachung des Gefäßsystems empfehlenswert. Um das Ausmaß der Ablagerungen festzustellen, wird eine Sonographie der hirnversorgenden Arterien empfohlen (8). Eine noch präzisere Methode bietet der Calcium Score, der mittels CT-Scan ermittelt wird (9). Trotz der detaillierteren Informationen des CT-Scans, der zudem potenziell schädliche Röntgenstrahlung einsetzt, sind die hohen Kosten — mehr als das 15-Fache einer Sonographie — eine Herausforderung. Die Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu anderen fortschrittlichen Diagnosemethoden wird daher zunehmend hinterfragt. Aus diesem Grund empfehlen wir zunächst eine Sonographie der hirnversorgenden Arterien.
Während private Krankenversicherungen diese Untersuchungen vollständig und jährlich übernehmen, bieten gesetzliche Krankenkassen diese Leistung nicht an. Eine Übersicht, was in welchem Check-up enthalten ist, finden Sie hier.
Angesichts der Tatsache, dass über 70% der Todesfälle durch Schlaganfälle und Herzinfarkte vermeidbar sind, ist es unerlässlich, diesem Thema mehr Aufmerksamkeit zu schenken, um nicht Teil dieser Statistik zu werden.
Quellenangaben
(1) Prävention – So können Sie dem Schlaganfall vorbeugen (no date). https://www.schlaganfall-hilfe.de/de/verstehen-vermeiden/risiken-erkennen-und-vermeiden/tipps-zur-vorsorge/allgemein.
(2) & (3) Todesursachen (no date). https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Todesursachen/_inhalt.html.
(4) Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) (no date) KBV – Gesundheitsuntersuchung Check-up. https://www.kbv.de/html/5540.php.
(5) Corliss, J. (2023) The latest on lipoprotein(a), an inherited cause of early heart disease. https://www.health.harvard.edu/heart-health/the-latest-on-lipoprotein-a-an-inherited-cause-of-early-heart-disease.
(6) Tsimikas, S. (2017) ‚A Test in Context: Lipoprotein(a),‘ Journal of the American College of Cardiology, 69(6), pp. 692–711. https://doi.org/10.1016/j.jacc.2016.11.042.
(7) Ahmad, M., Sniderman, A.D. and Hegele, R.A. (2023) ‚Apolipoprotein B in cardiovascular risk assessment,‘ Canadian Medical Association Journal, 195(33), p. E1124. https://doi.org/10.1503/cmaj.230048.
(8) nfzb (2018) Doppler- / Duplexsonographie – nfzb. https://nfzb.de/doppler-duplexsonographie/.
(9) Incze, M.A. (2021) ‚Should I get a coronary CT scan?,‘ JAMA Internal Medicine, 181(5), p. 732. https://doi.org/10.1001/jamainternmed.2021.0168.
Weiterführende Links
(a) Herzinfarkt-Ursachen kennen und vorbeugen | Herzstiftung (no date). https://herzstiftung.de/infos-zu-herzerkrankungen/herzinfarkt/ursachen.
(b) Ursachen & Risikofaktoren » Herzinfarkt » Krankheiten » Internisten im Netz » (no date). https://www.internisten-im-netz.de/krankheiten/herzinfarkt/ursachen-risikofaktoren.html.
(c) Herzinfarkt (2024). https://www.usz.ch/krankheit/herzinfarkt/.
(d) Kreuz, D.R. (no date) Herzinfarkt. https://www.drk.de/hilfe-in-deutschland/erste-hilfe/herzinfarkt/.